….oder: was haben unser Gehirn und ein Thermostat gemeinsam?
Eigentlich könnte man meinen, dass gut die Hälfte der Menschen (nämlich Frauen) in der Zwischenzeit Experten zum Thema „Diät und Abnehmen“ sind. Es gibt sehr viele Ratgeber, die Dir erzählen: „Iss X, lass Y weg und denke nicht mal an Z.“
Der Kalorienverbrauch muss höher sein als die Aufnahme. Wie Du vielleicht auch schon erfahren hast, ist es nicht ganz so einfach. Die Umsetzung, sprich: der Alltag, ist ein Stolperstein.
Aber ist das der Hauptgrund, warum wir zu Schokolade statt zu Gemüsechips greifen? Wo trickst unser Gehirn uns aus?

Unser Gehirn – ein Thermostat, der alles regelt
Bei einer Heizung regelt der Thermostat die gewünschte Temperatur. Wenn der Thermostat erkennt, dass es kälter wird, springt die Heizung an, wird es wärmer, schaltet sie ab.
Unser „Thermostat“ ist der Hypothalamus, ein Areal in unserem Gehirn.
Der Hypothalamus schreitet immer dann ein, wenn ein vorgegebener Wert sich ändert. Wenn die Temperatur zu niedrig ist und wir frieren, fangen wir an zu zittern, um Wärme zu produzieren und die Körpertemperatur bei 37 Grad zu halten.
Beim Gewicht verhält es sich ähnlich: immer, wenn Du versuchst, Dein Gewicht zu vermindern, wird sich Dein Gehirn einschalten und alles tun, um das zu verhindern. Es will den Set Point halten.
Der Set Point oder die Set Point Range ist das Gewicht, das für Deinen Körper festgelegt ist und was er, bzw. Dein Gehirn, immer wieder anstrebt.
Und hier unterscheidet sich das Gehirn von einer Heizungsanlage: wir können den Hypothalamus nicht beliebig verstellen, so wie wir die Wunschtemperatur in der Wohnung regulieren können.
Dein Set Point sagt: „Normale Figur, Größe 38/40 ist es“. Du willst aber Gr. 34, Typ Gazelle sein? Pech gehabt, die Gene legen Dir da Steine in den Weg.
Die meisten Menschen sind wahrscheinlich mit ihrem Set Point nicht einverstanden. Wir haben ja Bilder von GNTM Mädels vor Augen, oder Werbung für Unterwäsche mit superschlanken Models. Das wollen wir und wir sind bereit, dafür zu kämpfen.
Und dann kommt das Gehirn und sagt: “Nee, nicht mit mir!“ Unfair, aber es ist so.

Woher weiß denn das Gehirn, wie viel ich wiege?
Woran erkennt es, wie viel Fett Dein Körper hat?
Nein, da ist keine eingebaute Waage, sondern unser Fettgewebe produziert Leptin, ein Hormon. Leptin ist der Gegenspieler von Ghrelin, einem „Hungerhormon“. Ghrelin verursacht Hunger, Leptin signalisiert: alles im grünen Bereich, genügend Brennstoff vorhanden.
Das Gehirn erkennt: aha, da Ist genügend Leptin, also ist muss auch genügend Fettgewebe da sein. Du brauchst keine Nahrung, also wird der Hunger abgeschaltet.
Aber wenn Du jetzt Fett abbaust, wittert Dein Gehirn Gefahr:
Hallo, wieso ist das Leptin so niedrig? Da muss jetzt Ghrelin (kleine Gedankenstütze: Ghrelin erinnert an Gremlins, kleine Monster. Sie verursachen Hunger, auch wenn wir eigentlich schon genug gegessen haben) ran, damit nicht noch mehr Fett verschwindet.
Gehirn
Es verteidigt eine bestimmte Fettmenge, die für Deinen Körper richtig ist. Nicht, was Du vielleicht aus kosmetischen Gründen anstrebst. Und glaube mir: das Gehirn ist sehr energisch, wenn es ums Überleben geht.
Irgendwie hat das „dumme Ding“ noch nicht mitbekommen, dass wir keine Hungersnot haben, sondern eigentlich rund um die Uhr Essen kaufen könnten.
Wenn Ghrelin erst mal richtig aktiv wird, scheint selbst ein vertrocknetes Stück Kuchen das Leckerste auf der Welt zu sein. So lecker, dass man mit dem Willen nicht gegensteuern kann und den Kuchen verschlingt. Und nein, das ist keine Willensschwäche oder gar ein Charakterfehler, sondern einfach der Überlebensinstinkt.
Und jetzt noch mehr schlechte Nachrichten: dieses Gegensteuern, um wieder zum höheren Gewicht zu kommen, kann bis zu einem Jahr dauern. Und in der Zeit wird Energie eingespart: der Stoffwechsel fährt runter, und der Grundumsatz ist niedriger als vor der Diät.

Sabotage: das Gehirn will, dass die Diät scheitert
Manchmal merkt man gar nicht bewusst, dass der Hunger hartnäckiger ist als vor der Diät. Du wirst in dieser Phase einfach nicht so schnell satt. Daher passiert es tatsächlich, dass Menschen sich gesund und kontrolliert ernähren und trotzdem wieder zunehmen. Eben weil sie, unbewusst, etwas mehr essen und weil der Stoffwechsel herunterreguliert wurde. Zum Teil ist das ganz normal: wenn ich 10 kg Gewicht verloren habe, ist auch der Energiebedarf niedriger. Diese 10 kg brauchen nicht mehr ernährt zu werden.
Das sind einige Gründe, warum Abnehmen schwer und Gewicht halten noch schwerer ist. In den Wechseljahren hält der Körper noch mehr an allen Fettzellen fest, da diese geringe Mengen an Östrogen produzieren.
Und noch etwas haben Studien herausgefunden:
Nach einer Diät kann es zu „Fressattacken“ kommen, selbst bei den Menschen, die vorher dieses Problem gar nicht kannten. Man hat sich Scans des Gehirns angeschaut und gemerkt, dass Junk-Food und Süßigkeiten (Zucker!) das Belohnungszentrum stärker ansprechen, als das vor der Diät der Fall war.

Es heißt nicht umsonst Jo-Jo-Effekt
Es hat sich auch herausgestellt, dass strikte Diäten der sicherste Weg zum…..ZUNEHMEN sind. Auch hier gibt es Studien, die das belegen: Menschen, die regelmäßig strikte Diäten machen, nehmen im Vergleich mehr zu als Menschen, die „normal“ essen und ein relativ stabiles Gewicht halten.
Dauerdiäten sind Stress für den Körper und bei Stress kommen ja auch wieder Hormone ins Spiel: Adrenalin und Kortisol. Und die stellen sicher, dass Fett im Bauchraum eingelagert wird. Es ist also keine Einbildung, dass der Hosenbund kneift.
Und wenn man ständig seinen (echten) Hunger ignoriert, verlernt man, ihn zu erkennen. Dann kommt es vermehrt zu Frustessen oder Essen, um uns zu belohnen.
Das, was ich beschrieben habe, macht deutlich, wie „leicht“ man wieder zunehmen kann. Und dann geht das ganze Spiel von vorne los.
Willkommen im Jo-Jo Club.

Ja kann man denn überhaupt etwas tun?
Hört sich bisher ziemlich entmutigend an, oder?
Nein, ist es aber nicht. Gerade wenn man aus gesundheitlichen Gründen abnehmen will oder muss, sollte man das Problem angehen.
Für die Gesundheit reichen oft schon einige Kilos weniger. Dann soll es ja gar nicht Size 0 oder Größe 34 sein.
Erfolgreich Gewicht verlieren heißt: NICHT HUNGERN. Langsam abnehmen und vor allen Dingen, wenig verarbeitete Lebensmittel essen. So wenig wie möglich Fertigprodukte und Fast Food.
Unterm Strich:
WIR MÜSSEN UNS SO ERNÄHREN, WIE MUTTER NATUR DAS VORGESEHEN HAT.
Auf diese Art und Weise „beruhigen“ wir unser Gehirn: es sind ja genügend Vitamine und Mineralstoffe im Essen, also alles im grünen Bereich. Und frische Lebensmittel, Salat und Gemüse, haben mehr Volumen, mehr Ballaststoffe und werden langsamer verdaut.
Ja, ich komme mir manchmal wie eine Schallplatte vor, die hängengeblieben ist ….aber es kommt immer wieder auf die gleichen Empfehlungen zurück.
Wie Du Dir jetzt denken kannst, kommt als Nächstes:
Ausreichend körperliche Bewegung, Stress unter Kontrolle halten und genügend Schlaf bekommen. (Dieser Satz kommt bestimmt in den meisten meiner Beiträge vor…).
Das alles hört sich wirklich nicht so glamourös und sexy an, aber es funktioniert. Wenn man dauerhaft abnehmen will. Und endlich wieder glamourös und sexy sein will.
Und noch ein ganz wichtiger Punkt: wir sollten uns nicht auf eine Zahl auf der Waage oder eine Kleidergröße festlegen, sondern auf einen gesunden Körper, der Energie, Kraft und Ausdauer hat. Und das bis ins hohe Alter.
Du möchtest gerne endlich verstehen, was Du tun kannst? Lass es uns zusammen rausfinden und vereinbare ein unverbindliches Erstgespräch. Du kannst gleich hier auf der Seite Online einen Termin buchen.
Akzeptieren wir den Set Point, brauchen wir keine Diät mehr. Diese Erkenntnis braucht etwas Zeit und ist eine Kröte, die wenn wir sie küssen zu unserem Retter wird! Ghrelin die verfressenen Gremlins einfach wunderbar, ich hatte richtig Spaß beim Lesen. Danke, für Deinen tollen Artikel.
Alles Liebe
Annette
Danke für Deinen Kommentar, liebe Annette. Ich muss gestehen, das mit den Gremlins hatte eines meiner Rechtschreibprogramme vorgeschlagen. Ghrelin kann es wohl nicht, aber Gremlins. Das ist natürlich eine geniale Eselsbrücke
Ich bedaure heute noch, dass ich 5 Jahre lang 2 in 1 – Intervallfasten betrieben habe!
Bis mir mein Körper unmissverständlich gesagt hat: „Schluss jetzt!“ Mir scheint sich fix eingeprägt haben: „Hilfe, ich verhungere!“
Ich habe jetzt erst mich aufgerafft, dass ich wenigstens die Hälfte des Übergewichts von ca 10 kg (jahrzehntelang, seit meiner Pubertät, hatte ich immer 55 kg bei zartem Körperbau) wieder anpeile.
Ich vermute, dass es am besten „funktionieren“ wird mit meinem echten inneren Anliegen, dass ich mein unschönes „ Dickbäucherl“ wieder dezimieren kann…
Wenn ich mich bloß mit lauter „Grünzeug“ (aber ich mag Gemüse schon im Prinzip) wieder nur einfach „vollstopfe“, dann wäre ich im Prinzip doch nur eine Art von „Wiederholungstäter“, bloß halt mit gutem Gemüse… (bin Vegetarier und muss bloß schauen, wie ich zum nötigen Eiweiß komme)
Ich wünsche mir, dass die „Lektion“ jetzt wirklich sitzt! Ich lass mich überraschen! Bin schon neugierig!
Und ich wünsche mir auch, dass ich mich wieder aufraffen kann, mich tatsächlich regelmäßig zu bewegen. Ein bisschen mehr Struktur in der Woche kann mir sicher nicht schaden!
Danke für den Superartikel, der mir so richtig die Augen für die tieferen Zusammenhänge geöffnet hat!!!
Gertraud Sieber
Ich wünsch mir einfach viel Glück!!!
Erst mal vielen Dank für Deinen ausführlichen und wertvollen Kommentar. Es tut mir leid, dass Du diese Erfahrung mit dem Intervallfasten gemacht hast. Aber so kannst Du Dir jetzt ganz sicher sein, dass IF nicht für Dich ist.
Du bist da auch keineswegs die Ausnahme, ganz im Gegenteil. Ich habe es schon häufiger erlebt, dass Frauen mir „gestanden“ haben, dass sie IF gar nicht mögen, sich einfach nur mies und kraftlos fühlen und oft Heißhungerattacken bekommen. Aber da IF wieder mal total in ist, traut sich keiner was dagegen zu sagen.
Als ich meinen ersten Blogbeitrag zu diesem Thema geschrieben habe, hatte ich den ersten Shitstorm meines Lebens. Und die Kommentare gingen zum Teil unter die Gürtellinie.
Ich wünsche Dir jedenfalls ganz viel Glück. Aber Du benutzt Deinen Kopf und das, finde ich, ist die halbe Miete.