…oder warum Essstörungen in den Wechseljahren schnell lebensgefährlich werden können
„Eine Essstörung ist eine Verhaltensstörung, bei der die ständige gedankliche und emotionale Beschäftigung mit dem Thema „Essen“ eine zentrale Rolle spielt“.
Soweit eine Definition, was eine Essstörung ist. Aber das beschreibt nicht mal ansatzweise die emotionale Zerrissenheit, den inneren Kampf und die Ablehnung des eigenen Körpers.
Bei Essstörungen denken wir meistens an magersüchtige Teenager. Aber auch später im Leben kann eine Essstörung entstehen oder wieder aufflammen.
Essstörungen können bei Frauen über die gesamte Lebensspanne hinweg auftreten, wobei sie in sensiblen Entwicklungsperioden mit entsprechenden hormonellen Änderungen am häufigsten auftreten. Wie die Pubertät ist auch die Perimenopause durch eine Östrogenumstellung geprägt und stellt damit möglicherweise ein Phase dar, in dem das Risiko für die Entwicklung einer Essstörung erhöht ist. Wenn man entsprechend vulnerabel ist.
Allerdings können die gesundheitlichen Konsequenzen später im Leben wesentlich schwerwiegender sein, als in jungen Jahren.
Was die Auslöser der „erwachsenen Essstörung sind“ und warum Frauen in den Wechseljahren ein erhöhtes Risiko haben, darüber habe ich im Detail im LEMONDAYS Magazin geschrieben.
Heute möchte ich ganz gezielt auf die gesundheitlichen Folgen bei essgestörten Frauen in den Wechseljahren eingehen.
Für diesen Beitrag schaue ich mir speziell die Anorexia Nervosa und die Bulimie an.
Da es aber auch weniger bekannte Essstörungen gibt, werde ich erst einmal kurz die wichtigsten, die für Frauen in den Wechseljahren eine Rolle spielen könnten, vorstellen.

Welche Essstörungen finden wir bei Frauen in den Wechseljahren?
Magersucht (Anorexia nervosa)
Magersucht (Anorexia nervosa) ist durch einen absichtlich und selbst herbeigeführten Gewichtsverlust gekennzeichnet. Oft fangen die Frauen mit einer Diät an, weil halt in den Wechseljahren oft einige Pfunde hinzukommen. Aber irgendwann verselbstständigt sich das Hungern, es wird immer weniger gegessen und die Frauen verlieren Gewicht.
Typisch ist hierbei, dass die betroffene Person den eigenen körperlichen Zustand nicht sehen und oft vom Umfeld noch bewundert werden: die meisten Frauen in dieser Altersgruppe oder Lebensphase versuchen abzunehmen und wenn es einer Frau gelingt, will man doch gerne wissen, wie sie das macht. Aber die Betroffene fühlt sich keineswegs gut in ihrer Haut. Sie empfindet sich als zu dick, auch wenn sie schon untergewichtig ist. (Körperschemastörung). Nach und nach entsteht Angst vor den meisten Nahrungsmitteln und die Betroffenen ziehen sich immer mehr zurück.

Ess-Brech-Sucht (Bulimia nervosa)
Bei der Ess-Brech-Sucht (Bulimie, Bulimia nervosa) sind die Betroffenen meistens nicht superschlank, sondern eher normalgewichtig. Da sie aber während der Menopause gemerkt haben, dass das Gewicht nach oben geht und nur sehr schwer wieder verschwindet, haben sie große Angst vor weiteren Gewichtszunahmen. Es scheint einfach nicht aufzuhören….
Durch die Hormonschwankungen in den Wechseljahren kommt es häufiger zu Heißhungerattacken, mit einer besonderen Lust auf Schokolade. Mit dem Östrogen sinkt auch das Serotonin und da hilft Schokolade Um eine weitere Gewichtszunahme zu verhindern, werden dann ungesunde Gegenmaßnahmen getroffen:
- Erbrechen nach dem Essen,
- exzessiver Sport, vorwiegend schweißtreibendes Ausdauertraining
- Abführmittelmissbrauch,
- Fasten oder
- Einläufe.
Dadurch kommt der Körper dann aber in einen Mangelzustand und dadurch können neue Heißhungerattacken ausgelöst werden.
Neben diesen Hormon-und-Heißhunger-bedingten Fressattacken kann aber auch Stress ein Auslöser sein. Und in den Wechseljahren sind die Stresshormone (Kortisol) erhöht, da sie nicht mehr von Östrogen in Schach gehalten werden. Das Überessen und Erbrechen wird daher häufig als „entspannend“ erlebt.

Binge-Eating-Störung (BES)
Wie ich schon erwähnt hatte, treten Essattacken in den Wechseljahren häufiger auf. Jede von uns hat es wohl schon erlebt, dass man eine Tafel Schokolade angebrochen hat, ein Stück essen wollte und dann erst aufhören kann, wenn die Tafel weg ist. Bei der echten BES ist es allerdings drastischer: die Heißhungerattacken können echten Suchtcharakter bekommen.
Von einer Binge-Eating-Störung wird gesprochen, wenn während mindestens drei Monaten an mindestens einem Tag pro Woche eine Essattacke auftritt, bei der in kurzer Zeit ungewöhnlich große Mengen an Nahrungsmitteln aufgenommen werden. Der Betroffene verliert die Kontrolle über die Nahrungsaufnahme und 10000+ Kalorien sind dann keine Seltenheit. Jeder Genuss bleibt da natürlich auf der Strecke.
Obwohl die Essattacken jeweils nur kurz dauern, kann diese Störung zu Übergewicht führen. Du kannst es Dir ja fast ausrechnen: eine Fressattacke mit 10000 Kalorien ergibt ein Kilo zusätzliches Gewicht. Oder auch etwas mehr. Im Gegensatz zur Bulimie gibt es hier keine Maßnahmen, um die Kalorien durch Erbrechen, Sport oder Fasten wieder loszuwerden.

Orthorexia nervosa
Orthorexia nervosa bedeutet nichts anderes als übertriebenes Gesund-Essen. Betroffene verbringen mehrere Stunden täglich damit, zwanghaft Vitamingehalt und Nährwerte zu berechnen, Darauf basierend werden entsprechende Lebensmittel ausgewählt, wobei sich die Auswahl der „erlaubten“ Lebensmittel immer mehr verringert. Als „Entschuldigung“ gelten dann Glutenunverträglichkeit, Laktoseintoleranz, man ernährt sich vegan, meidet aber wegen Fruktoseintoleranz die meisten Obstsorten und ernährt sich vielleicht nur noch von Rohkost. Kommt einem doch ziemlich bekannt vor und ist heutzutage nichts Ungewöhnliches, oder?
In der klinischen Psychologie und in der Psychiatrie ist die Orthorexia nervosa nicht als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt.
Hier stellt sich auch die Frage, wo hört diszipliniertes Essverhalten auf und wo fängt die Essstörung an?
In drastischen Fällen führt diese Störung zur Magersucht, mit all ihren Folgen.

Anorexia athletica
Durch übermäßigen Sport und den damit verbundenen höheren Energieumsatz versuchen die Frauen ihr Gewicht trotz Heißhungerattacken zu halten oder Gewicht zu verlieren. Als eigenständiges Krankheitsbild ist sie nicht anerkannt und ich sehe sie eher als eine Form der Bulimie.

Was sind die körperlichen Folgen der Essstörung?
Mangelerscheinungen
– oft sogar ziemlich ernste Mangelerscheinungen.
Und hier gibt es jetzt einen Unterschied zwischen jungen Menschen und älteren Patienten. „Älter“ in diesem Zusammenhang heißt 40plus. In diesem Alter haben viele Frauen die Wechseljahre noch gar nicht auf dem Radar, aber die ersten Hormonverschiebungen beginnen bereits.
Warum?
Ein junger Körper ist widerstandsfähiger. Klar, oft stecken die jungen Mädchen noch in der Pubertät und damit im Wachstum. Auch hier können schlimme Schäden entstehen, die dauerhaft sind.
Aber wenn man erst in der Lebensmitte ist, hat der Körper ja schon einiges hinter sich: Krankheiten, Unfälle, Schwangerschaften und Geburten, vielleicht einen ehemals sehr ungesunden Lebensstil.
Und (Achtung, Schmerzpunkt): der Alterungsprozess. Ja, schon ab etwa 30 fängt der Körper an, abzubauen. Die Muskulatur vermindert sich, wenn man nichts dagegen tut. Kommt dann noch eine Essstörung hinzu, geht das sehr rasant.
Gerade bei der Magersucht sind Unterernährung, Muskelschwund und Mangelernährung fast normal. Langzeitfolgen sind dann Osteoporose und eine so mangelhafte Muskulatur, dass man vorzeitig auf fremde Hilfe angewiesen ist, die andere Menschen erst im hohen Alter benötigen.
Aber auch das Immunsystem leidet und die Frauen werden viel anfälliger für Infektionskrankheiten.
Was alle Altersgruppen gemeinsam haben, ist die Angst vor dem Essen und die Furcht vor dem Zunehmen.

Wo sollte man bei Nährstoffmangel anfangen?
Bevor man insgesamt den Mineralstoff- und Vitaminmangel anschaut, muss man sich um die Elektrolyte (Natrium, Kalium, Kalzium, Magnesium, Chlorid, Eisen) kümmern. Die Zusammensetzung der Elektrolyte in verschiedenen Bereichen des Körpers, also innerhalb und außerhalb einer Zelle, ist genau austariert. Verändert sie sich, kann die Zelle ihre Funktion nicht mehr ausüben und gegebenenfalls nicht überleben.
Noch ein Schocker: ja, ein Teil der Betroffenen sterben an der Essstörung, sowohl Bulimiker als auch Magersüchtige. Eine Todesursache sind Elektrolyt Entgleisungen. Ich werde dieses wenig angenehme Thema gleich noch näher erklären. weil jede Betroffene wissen muss, wo die größten Gefahren lauern.
Für mich als Ernährungsberaterin entsteht hier ein Dilemma: nämlich, wenn ich rausfinden will, wie ernst die Lage ist. Selbst wenn die Betroffenen bereit sind, ein Blutbild machen zu lassen, hilft das oft nicht weiter. Die Werte sind oft relativ normal!
Der Grund dafür ist die Homöostase. Der Körper muss immer ein bestimmtes Milieu aufrechterhalten, damit alle Prozesse reibungslos funktionieren. Wenn also zu wenig Kalzium aufgenommen wird, der Körper braucht aber eine bestimmte Menge im Blut, besorgt er es sich da, wo es gespeichert wird: aus den Knochen. Wenn es dann noch auf die Menopause zugeht, ist das eine Katastrophe und die Osteoporose vorprogrammiert.
Ich muss also versuchen, aus den Ernährungsprotokollen gute Informationen zu bekommen. Und hier hängt es natürlich sehr von der Kundin ab, wie ehrlich sie ist.
Da auch jeder Fall anders gelagert ist, kann ich keine Standardbefragungen durchführen, sondern muss mich oft auf meine Erfahrung, mein Bauchgefühl und meine Menschenkenntnis verlassen. Und auf einen guten Arzt als Partner.

Elektrolytverschiebungen
Hier jetzt die unangenehmen Details zum Thema Elektrolytverschiebung oder Entgleisung.
Die größte Gefahr bei Essstörungen geht dabei eigentlich von den Kompensierungsmethoden aus, um das Essen oder die Kalorien schnell wieder loszuwerden. Egal, ob durch Erbrechen, durch Missbrauch von Abführmitteln oder exzessivem Sport mit starkem Schwitzen: damit verbunden ist immer ein Verlust von wichtigen Elektrolyten. Hier entsteht der Nährstoffmangel schon allein durch diese Maßnahmen. Und die unzureichende Aufnahme von Nährstoffen, vor allem bei der Magersucht, kommt noch dazu.
Bei regelmäßigem Erbrechen treten Kaliummangel (Hypokaliämie) und/oder ein Mangel an Chloriden (hypochlorämische Alkalose) auf.
Regelmäßiger Abführmittelmissbrauch kann Magnesiummangel (Hypomagnesämie) und ein Mangel an Phosphaten (Hypophosphatämie) verursachen.
Nicht selten findet man auch eine viel zu niedrige Natriumkonzentration. Dies wird verursacht durch: zu viel Bewegung mit starkem Schwitzen, Trinken von größeren Mengen Wasser und gleichzeitig zu wenig Kochsalz in der Nahrung. Wenn dann noch Abführmittel oder Diuretika dazukommen, wird die Lage kritisch.
Und hier passiert es auch oft, dass Laboruntersuchungen normale Werte im Blut aufweisen, wenn der Patient dehydriert ist. Dehydriert in diesem Zusammenhang bedeutet nicht, dass die Leute zu wenig trinken, sondern dass zu wenig Natrium im Körper ist, um Wasser zu speichern.
Achtung: da alle diese Elektrolyte für die Reizleitung im Körper notwendig sind, kann es bei Mangel zu Herzversagen kommen.

Das „Re-Feeding Syndrom“
Und noch eine Warnung: wenn man anfängt, wieder zu essen (das sogenannte Re-Feeding) und in einem sehr schlechten Zustand ist, können die Elektrolyte komplett verrücktspielen und es kommt zu lebensgefährlichen Entgleisungen, dem sogenannten Re-Feeding Syndrom.
Was genau passiert da?
Eine Erhöhung der Kalorienzufuhr löst eine Kaskade von Verbesserungen im Stoffwechsel aus. Das ist gut.
Das Gewebe und Zellen reparieren sich wieder (was vorher auf Sparflamme lief) und die Nährstoffausnutzung ist erhöht. Es wird jetzt alles in die Zellen verbracht, wo es während der Mangelphase entzogen wurde. Dadurch wird der Blutserumspiegel niedriger, was zur Krise führen kann, obwohl der Patient wieder mehr isst. Hier ist vor allem auf Phosphor, Magnesium und Kalium zu achten, die jetzt wieder von den Zellen aufgenommen werden. Der jetzt ungenügende Serumspiegel im Blut kann tödlich sein, wenn nicht eingegriffen wird.
Hört sich dramatisch an?
Ja, ist es durchaus und ich kann es leider aus eigener Erfahrung bestätigen. Zum Glück lag ich zu diesem Zeitpunkt schon in einer Uniklinik und konnte direkt intensivmedizinisch behandelt werden. Beginnendes Nierenversagen und ein Herzstillstand, so dass ich reanimiert werden musste. Allerdings war mein BMI deutlich unter 15, also extrem niedrig. Und ich war erst 13 Jahre alt.
So weit sollte es also keineswegs kommen.
Patienten, die in einem frühen Stadium eine Behandlung beginnen und langsam anfangen, sich gesünder zu ernähren, haben möglicherweise keine Probleme, wenn sie Elektrolyte in Form von Nahrungsergänzungsmitteln nehmen. Bei Frauen, die sehr untergewichtig sind oder in einem schlechten Allgemeinzustand sind, ziehe ich immer einen Arzt dazu.
Manchen Frauen ist das peinlich und Mediziner sind nicht immer feinfühlig.
Aber die Alternative ist der Tod!

Wenn Nahrungsergänzung gefährlich werden kann
Viele der Betroffenen wissen ja tief innen drin, dass ihre Ernährung nicht gesund ist, und verordnen sich selbst daher Nahrungsergänzungsmittel.
Das ist eigentlich vernünftig und ein guter Anfang, aber das MUSS gezielt vorgenommen werden. Wenn man nach dem Zufallsprinzip irgendetwas schluckt, kann man die Situation sogar noch verschlimmern.
Bestimmte Vitamine und Mineralstoffe müssen in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen. Und das hängt natürlich auch wieder davon ab, was gegessen wird. Und was eventuell rausgebrochen, rausgeschwitzt oder sonst wie abgegeben wird.
Ein Mikronährstoffmangel sollte also durch eine hochwertige Nahrungsergänzung abfangen und ausgleichen werden. Die Betonung liegt auf „Ergänzung“: es sollte das zugeführt werden, was dem Körper fehlt. Um da das Richtige zu geben, kommt man daher um eine gründliche Blutuntersuchung nicht herum.
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Mein Fazit
Das war jetzt wahrscheinlich alles starker Tobak, ich weiß….Wenn die Seele leidet, kann der Körper zerbrechen.
Wenn man eine Essstörung hat und noch etwas leben will, muss man gegensteuern. Ich kann die Angst vor dem Essen und vor einer scheinbar unkontrollierten Gewichtszunahme durchaus nachvollziehen. Wenn irgend möglich, sollten Betroffene in kleinen Schritten anfangen, sich nicht überfordern und unbedingt Hilfe suchen.
Wenn es Dir schlecht geht, egal, ob jetzt körperlich oder seelisch, sprich mich an und warte nicht.
Ich biete ein kostenloses Erstgespräch an, wo wir gemeinsam überlegen können, was getan werden muss, um Dir schnell zu helfen. Es soll wieder Freude am Leben einkehren!
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