Die große LEMONDAYS Frage: was ist überhaupt ein Vorbild?
Die Dame auf dem Beitragsfeld ist nicht die Frau, die ich hier als Vorbild vorstelle. Urheberrechte…
Ja, was heißt das eigentlich?
Womit werden Menschen für uns zu Vorbildern oder Role-Models, wie sie heute oft genannt werden? Was tun sie? Was sagen sie? Was begeistert uns an ihnen?
Genau das war die Eingangsfrage in der Einladung zu dieser LEMONDAYS Blogparade.
Eigentlich wollte ich ja diesmal nicht mitmachen, da ich einfach zu viele andere Bälle in der Luft habe.
Aber das nagte natürlich an meinem Ehrgeiz. Bisher war ich doch bei allen Blogparaden dabei, oder?
Dann hatten wir unser LEMONDAYS Redaktionsmeeting und Gela Löhr schlug vor, das Vorbild so zu wählen, dass es auch zum Fachgebiet passt. Falls uns sonst niemand einfällt.
Was mein Fachgebiet betrifft, kann mir keiner etwas vormachen. Ich habe ein umfangreiches Wissen, schreibe Fachartikel und halte Vorträge.
Aber ich kann nicht gut „klare Kante“ zeigen. Wenn nämlich ein Laie Behauptungen aufstellt, unseriöse Studien oder seltsame Zeitungsartikel (Quelle: „Bild der Frau“ ist für mich seltsam), fällt es mir schwer, das Kind beim Namen zu nennen. Ich weiß, dass die Behauptung falsch ist, weiß aber auch, dass das Thema komplex ist. Je nachdem wer mein Gegenüber ist, versuche ich, zu erklären. Aber immer ganz höflich, egal wie blödsinnig die Behauptung ist.

Muss ein Vorbild Experte sein?
Also, zurück zu den Vorbildern.
Ja, da gibt es natürlich Fachleute auf dem Gebiet Ernährung und Hormone, wo ich immer denke: meine Worte. Auf Anhieb fallen mir da ein halbes Dutzend Frauen ein, alle mit super Ausbildung und akademischem Hintergrund. Es sollte also keine Überraschung sein, dass wir zu den gleichen Schlussfolgerungen kommen. Auch wenn wir die zum Teil unterschiedlich umsetzen. Was auch logisch ist, da wir so unterschiedliche Zielgruppen haben. Und selbst die Altersklassen von etwa 30 bis 65 abdecken.
Ein Geständnis muss ich hier machen: die Person, die mich fachlich am meisten beeinflusst und gelehrt hat, hört auf den schönen Namen Dr. Jade Teta. Jade ist ein Mann… Aber dadurch sieht er das Thema „Ernährung, Hormone und Gewicht“ vielleicht mit einer wissenschaftlichen Distanz.
Nur….bei aller fachlichen Bewunderung und Anerkennung – niemand ist da wirklich ein Vorbild für mich.

So sehe ich das mit dem Vorbild
Ein Vorbild hat Eigenschaften, Kenntnisse oder eine Persönlichkeit, die ich bewundere, weil ich nicht genau so bin. So, wie ich mich selbst sehe.
Ein Vorbild ist eine Person, die etwas tut oder sagt, was ich auch gerne tun oder sagen würde. Es aber aus welchen Gründen auch immer nicht kann.
Und die sich ihrer eigenen Stärke voll bewusst ist. Nicht an sich zweifelt oder das, was sie sagt, in Frage stellt. Oder wenn sie das tut, ehrlich zugibt, dass sie nicht sicher ist.
Da komme ich ins Straucheln: wann immer ich etwas behaupte, was nicht gerade Allgemeinwissen ist, recherchiere ich. Selbst wenn ich mir zu 95 % sicher bin. Ich überprüfe meine Quellen, schaue mir pro und contra Argumente an und lese die neuesten Studien. Nicht unbedingt eine spannende Lektüre. Aber so erweitert sich mein Horizont immer ein bisschen mehr. Allerdings erkenne ich auch, wo Schwachpunkte in der Logik sind. Was mich beim nächsten Mal dazu bringt, den gleichen Prozess wieder zu durchlaufen.
Eine Frau, die mir bei dem, was ich zu Beginn dieses Kapitels geschrieben habe, in den Sinn kommt, hat mit Ernährung, Hormonen und Gewicht (vermutlich) nicht viel am Hut: Barbara Salesch.

Ein Vorbild in einer Doku-Soap?!
Wenn Du jetzt fragst: wer ist das denn?
Dann bist Du vielleicht noch sehr jung. Oder schaust keine Doku-Soaps bei RTL und Co an.
Sie wurde bekannt durch ihre Rolle in der Serie „Richterin Barbara Salesch“. Ich bin nach meiner Bandscheiben OP zum Fan geworden. In den ersten Tagen nach der OP habe ich gerade noch meine sehr intensive Krankengymnastik und Physiotherapie geschafft. Anschließend war ich so erschöpft, dass ich viel Zeit auf der Couch, vor dem Fernseher, verbracht habe.
Barbara Salesch ist/war eine echte Juristin und arbeitete als Vorsitzende Richterin am Landgericht Hamburg. Ein Job, der wahrscheinlich von den meisten als recht trocken angesehen wird. Paragraphenreiterei, halt, langweilige Menschen in schwarzen Roben, die Entscheidungen treffen müssen. Entscheidungen, die zwar Recht und Gesetz folgen, aber nicht immer gerecht sind. Oft nicht mal wirklich fair.
Dieser Frau wurde dann für eine neue Fernsehserie vorgeschlagen, ein Format, das es bis dahin in Deutschland noch nicht gab. Eine echte Richterin, die in einer Stunde alle möglichen Fälle verhandelte. Fälle, die zwar auf Tatsachen beruhten, aber nur nachgespielt wurden. Mit echten Anwälten, aber ansonsten mit Laienschauspielern, die wirklich jedes Vorurteil bestätigten.

Warum eignet sich die Richterin als Vorbild?
Frau Salesch passte perfekt in die Rolle der resoluten Richterin. Eine reife Frau mit 50plus, schlagfertig, konsequent, direkt – aber mit einem feinen Sinn für Humor. Mit ihren pumuckelroten Haaren war sie auch ein echter Hingucker. Eine attraktive Frau, die etwas zu sagen hatte und deren Autorität man besser anerkannte.
Normalerweise bin ich kein Fan dieser Fernsehformate, weil die Fälle oft so haarsträubend unrealistisch und die Darsteller grottenschlecht sind. Die Anwälte können ziemliche Kotzbrocken sein und die Angeklagten sowieso.
Aber Barbara Salesch behielt immer die Fäden in der Hand und alle Beteiligten unter Kontrolle. Sie war geradeheraus und wirkte auch bei der Urteilsverkündung absolut authentisch und souverän.
Da hatte ich mir oft gewünscht, auch so zu sein.
Eine potenzielle Kundin erzählt mir was von einer haarsträubenden Diät, die sensationelle Erfolge liefern soll und beschwert sich, dass ich das nicht anbiete? Da eiere ich rum und versuche ihr mit höflichen Worten zu erklären, warum das nicht möglich ist. Anstatt klare Kante zu zeigen, selbst ein Vorbild zu sein und zu sagen: „Das ist Bullshit“.
Eine andere Dame erklärt mir, dass A und B für sie nicht in Frage kommt, dass Sport für sie tabu ist und sie keinesfalls auf Wein und Schokolade verzichtet? Diesen Frauen könnte ich mit Sicherheit helfen – wenn sie sich dann auch auf meine Arbeitsweise einlassen. Frauen in den Wechseljahren können nicht leicht und mühelos wieder abnehmen, ohne irgendetwas zu ändern. Sonst hätten sie ja gar nicht erst zugenommen.
Auch Gerichtsurteile sind nicht immer fair und werden, je nachdem ob man Täter oder Opfer ist, selten mit Begeisterung aufgenommen. Das Leben ist nicht fair und unser Körper wird in den Wechseljahren sowieso etwas seltsam.

Das macht mein Vorbild mit mir
Wann immer ich merke, dass ich anfange einzuknicken, weil ich eine kontroverse Meinung habe, die ich aber begründen und belegen kann, denke ich an mein Vorbild, Frau Salesch. Wie hätte sie jetzt reagiert? Was gesagt?
Dann fällt es mir tatsächlich leichter, meinen Standpunkt zu vertreten. Auch wenn mein Gegenüber mich dann nicht mehr so mag….Aber damit sollte ich als erwachsene Frau nicht nur klarkommen. Sondern auch begrüßen.
Everybodys Darling is everybodys Depp
Ein bekannter Politiker
Na ja, die roten Haare habe ich ja schon, wenn auch nicht so leuchtend.
Die Damen und Herren, die da vor Gericht standen, waren ja oft keine Sympathieträger und konnte sehr ausfallend werden. Also genau das, was wir heute fast jeden Tag in den sozialen Medien und im echten Leben erfahren
Ich sehe es als meine Mission, mein umfangreiches Wissen in den sozialen Medien zu teilen. Gerade das Thema „Ernährung“ scheint für viele Menschen fast eine Glaubensfrage oder Ersatzreligion zu sein. Diese Menschen können dann entsprechend ausfallend werden, wenn man ihre Überzeugung in Frage stellt. Da gerate ich leicht in Versuchung, im gleichen Ton zu kontern. Was nicht unbedingt sinnvoll ist, da Facebook mit Sperren manchmal schnell zur Hand ist.
Mein Vorbild erkennt Beleidigungen, Diffamierungen und Schwindeleien als solche, spricht sie an und weist sie entschieden zurück. Ohne sich selbst im Ton zu vergreifen, aber sehr bestimmt. Natürlich hat es da eine Richterin aufgrund der Autorität ihrer Position etwas leichter. Aber lernen kann ich trotzdem von ihr.

Die Richtung ändern, wenn der Weg zu vertraut ist
Die Fernsehkarriere hat Barbara Salesch vor etwa 10 Jahren beendet und ist nicht, wie viele Richter das tun, zurück in eine Kanzlei oder ein Unternehmen gegangen, in eine lukrative Festanstellung.
Sondern sie ist einen ganz neuen Weg gegangen und hat ihre Leidenschaft für Kunst zum Beruf gemacht. Schon neben ihrer Arbeit als Richterin hat sie Kurse belegt und später, nach ihrer Fernsehkarriere, ein Kunststudium durchgezogen.
Auch hier fungiert sie für mich als Vorbild: wir sind gut ausgebildet und haben viele Talente. Wenn ein Weg nicht mehr weiter führt oder einfach nicht mehr interessant ist, was hindert uns daran, etwas Neues zu beginnen?
Ja, da hilft es natürlich, wenn man ein entsprechendes Umfeld hat, ein Netzwerk, das einen auffängt und mit den richtigen Menschen in Kontakt bringt.
Aber die Energie, Begeisterung und Motivation muss ich selbst aufbringen. Einen Neuanfang startet man immer als Anfänger – und das ist nicht immer leicht.

Single mit 60 – darf ein Vorbild das?
Über Frau Saleschs Privatleben weiß ich kaum etwas, nur das, was sie in ihrem Buch („Ich liebe die Anfänge“, ISBN-13: 978-3810519474 ) mit uns teilt. Sie ist ledig, genau wie ich. Niemals verheiratet, nicht geschieden, nicht mal verwitwet.
Mir wurde oft zu verstehen gegeben, dass das ja nicht „normal“ ist. Immer mit der Frage im Hintergrund, ob ich denn vielleicht lesbisch bin? Ich kenne einige lesbische Frauen und recht viele schwule Männer. Da sind ganz tolle Menschen darunter, aber die sexuelle Orientierung ist absolut nebensächlich. Also, just for the records: nein, bin ich nicht.
Ich bin allein glücklich und brauche meine Ruhe. Ich bin gerne mit Menschen zusammen, mag aber nicht mit einem Menschen meinen Lebensbereich teilen. Nur mit meinen Hunden.

Kann ich selbst zum Vorbild werden?
Es gibt recht viele Bereiche, wo ich erst 60 werden musste, um mit Gelassenheit sagen zu können: ja, so bin ich, so lebe ich. Take it or leave it. Ich verbiege mich nicht mehr. Wem das nicht passt, braucht ja keine Zeit mit mir zu verbringen.
Auch wenn ich mich in bestimmten Situationen noch lange nicht so souverän fühle, wie Barbara Salesch.

Nachtrag September 2022:
Barbara Salesch ist auf den Bildschirm und in den Gerichtssaal zurückgekehrt! Ich bin begeistert, vor allem, weil sie jetzt von Piri, einem irischen Wolfshund Mädchen, unterstützt wird.
Sie selbst sieht nach wie vor fantastisch aus, aber der Gerichtssaal wurde erheblich modernisiert. Auch Frau Salesch’s Büro wurde farbenfroh gestaltet und ich vermute, es sind ihre eigenen Kunstwerke, die den kahlen Raum aufpeppen.