50Plus – schon seit ein paar Jahren
Bevor mir jetzt jemand gratulieren will: nein, ich habe nicht Geburtstag und mein Fünfzigster liegt schon einige Zeit zurück. Ich bin also definitiv 50Plus.
Aber ich hatte in letzter Zeit oft gelesen, dass 50 das neue 30 ist. Ich bin 50Plus und habe da eher gemischte Gefühle.
Als Gela Löhr jetzt auf Lemondays eine Blogparade zu ihrem fünfzigsten Geburtstag gestartet hat (nochmals ganz herzlichen Glückwunsch, liebe Gela), war das doch die Gelegenheit, um das Thema aufzugreifen.
Klar, Brad Pitt, Till Schweiger, Nena, Sharon Stone (ist die nicht schon 60?), Sandra Bullock, werden da oft als Beispiele genannt. Die sind alle 50Plus, manche schon weit über 50. Und auch klar, die sehen alle richtig gut aus.
Aber baut das nicht wieder zusätzlichen Druck auf? Das sind Leute, die mit ihrem Aussehen Geld verdienen. Viel Geld. Und auch wenn alle das leugnen: einiges von dem Geld wird dann wieder zur Erhaltung, Konservierung, Wartung der Fassade ausgegeben.

Und was ist mit uns „Durchschnittsmenschen“?
Mit Durchschnittsmenschen meine ich jetzt diejenigen, die nicht im Rampenlicht stehen. Also Menschen wie ich. Ja, ich stehe mitten im Leben, arbeite fast nur Online und bin daher sichtbar. Aber keinesfalls prominent. Das wäre nichts für mich.
Wenn ich mich einige Jahrzehnte zurückerinnere: als ich 20 war, war 50Plus der Startschuss für die Rentenplanung.
Jobwechsel, große Reisen, Neustart – das waren doch damals die ganz großen Ausnahmen. Man hatte viele Jahre gearbeitet, manche hatten Karriere gemacht, andere ihre Arbeitsjahre „abgesessen“ und man freute sich auf den Ruhestand.
Ich hatte oft versucht mir vorzustellen, wie ich denn mit 50Plus sein würde. Wie würde ich aussehen? Was würde ich beruflich machen? Würde ich Kinder haben? Wie würde mein Alltag aussehen?
Als ich meinen Vater mal fragte (er war damals Ende 40), was er denn im Ruhestand unternehmen will, hat er die Frage nicht mal richtig verstanden. Er wollte sich ausruhen. Mein Vater war Regierungsbeamter, und, so wie ich das mitbekommen habe, hatte er eher eine ruhige Kugel geschoben.

Heute sieht 50Plus ganz anders aus
Für mich als „Babyboomer“ (das sind alle, die zwischen 1945 und 1965 geboren sind) sieht es heute ganz anders aus. Ich hatte meinem 50. Geburtstag mit gemischten Gefühlen entgegengesehen. So mehr als eine Art Weckruf.
Eines war mir klar: Ich hatte mehr Geburtstage hinter mir als vor mir.
Ich hatte zwar noch einige Träume, die ich irgendwann mal in Angriff nehmen wollte. Aber erst mit 50 wurde mir klar, dass ich nicht mehr ewig Zeit habe.
Einige Türen waren bereits unwiderruflich geschlossen: selbst wenn es mein Traumjob wäre, ich würde wohl nicht mehr zur Pilotin umschulen können.
Oder wenn ich plötzlich Muttergefühle entwickeln würde und unbedingt ein Baby hätte haben wollen – auf natürlichem Wege ist das unwahrscheinlich bis unmöglich.
Aber ich könnte Flugstunden nehmen und „just for fun“ fliegen lernen. Oder meine Muttergefühle an Patenkindern, Neffen, Nichten und Hunden austoben. Ich habe mich übrigens für die Hunde entschieden.
50 ist also keinesfalls der Anfang vom Ende, sondern ein Punkt zum Innehalten, Bilanz zu ziehen und, wenn nötig, die Weichen neu zu stellen.

Höhere Lebenserwartung = längeres Arbeitsleben
Wir haben heute eine höhere Lebenserwartung als die Generationen vor uns, haben also noch einige Jahre vor uns.
Aber für mich kommt auch die Sorge um die Rente dazu. Was habe ich davon, wenn ich noch 30 Jahre lebe und nicht die finanziellen Mittel habe, um den Lebensabend zu genießen? Und wie sieht das mit würdevollem Altern aus, wenn man kein Geld hat, um sich fremde Hilfe zu leisten?
Und ja, wir müssen länger arbeiten. Aber trotz Fachkräftemangel ist es heute immer noch schwierig, mit 50Plus einen Job im Angestelltenverhältnis zu finden. Und zwar eine Arbeit, dier uns ausfüllt. Nach meiner Erfahrung werden hier 30-jährige bevorzugt, die alles schlucken, ehrgeizig und karrieregeil sind und, ganz wichtig, billiger. Ein anderes Thema….
Daher beobachte ich in meinem Umfeld, dass viele Menschen mit 50Plus den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. So wie ich das getan habe. Wenn wir schon länger arbeiten müssen, dann soll es bitte schön auch Freude bereiten und uns ausfüllen. So kann aus der Notwendigkeit auch eine echte Chance werden.

Wann sind wir wirklich alt?
Aber die Selbstverwirklichung und Freude an der Arbeit ist ja nur ein Aspekt. Irgendwann kommen die körperlichen Gebrechen dazu. Da ist 50 halt ein Meilenstein. Klar machen sich gesundheitliche Beschwerden auch schon früher bemerkbar. Aber jetzt scheint vieles zusammenzukommen. Erste Verschleißerscheinungen, die Muskulatur baut sich ab und die Wechseljahre sind für viele Frauen kein Spaziergang. Bei mir war es ein Bandscheibenvorfall, der mich komplett ausgebremst hat. Ich konnte eine OP nicht mehr vermeiden. Der Chirurg hatte mich dann ins Gebet genommen und darauf bestanden, dass ich ab sofort weniger Ausdauer, sondern Muskelkraft trainiere.
Manchmal lernt man halt erst durch eigene Erfahrungen….
Egal wie hip wir aussehen und wie cool wir uns kleiden: Altern ist eben ein Vorgang, den wir (noch) nicht aufhalten, stoppen oder gar umkehren können.
Aber wir können den Alterungsprozess zumindest steuern. In dieser Hinsicht gewinnt das „gesunde Altern“ immer mehr an Bedeutung.
Egal, ob jemand plant, in Rente zu gehen oder, wie ich, einer Beschäftigung so lange wie irgend möglich nachzugehen – eines ist klar: wir möchten bis ins hohe Alter etwas von unserem Leben haben und es genießen können.
Wir alle wollen unsere „Lebensqualität“ möglichst lange aufrechterhalten und keinesfalls im Altersheim vor uns dahinvegetieren. Mir schwebt da eher eine lustige 80Plus WG vor….
Und dies betrifft nicht nur körperliche Fähigkeiten (wie etwa sich selbst anziehen können oder die Einkäufe erledigen), sondern auch die kognitive Leistungsfähigkeit (welche immer mehr von Krankheiten wie etwa Alzheimer gefährdet wird). Gerade wenn wir noch einer Beschäftigung nachgehen, wollen wir ja, dass der Kopf funktioniert. Und ich bete natürlich, dass ich selbst es merke, wenn das nicht mehr der Fall ist.
Je älter wir werden, desto deutlicher machen sich Defizite auf körperlicher und geistiger Ebene bemerkbar.
Den altersbedingten Abbau kann ich nicht durch Schonung verhindern. Sondern ich muss aktiv etwas tun und Körper und Geist fordern.

Use it or lose it.
Genau aus diesem Grund haben für mich körperliche Aktivität und ein regelmäßiges Fitnessprogramm nach meinem fünfzigsten Geburtstag eine höhere Priorität bekommen.
Mir geht es keinesfalls nur um eine sexy Figur oder einen straffen Körper. Das sind ganz nette Zugaben, die ich natürlich begrüße. Es fühlt sich einfach gut an, wenn man im Alltag alles stemmen kann – auch im wörtlichen Sinne.
Nur wer auch mit den Jahren an seiner Fitness schraubt und auf eine gesunde Ernährung achtet, kann erwarten, dass er mehr qualitative Zeit in seinem Lebensabend genießt – sowohl für eine sinnvolle berufliche Beschäftigung als auch für den Alltag.
Und mit 50Plus sollte man sich darüber Gedanken machen. Gerade im Rückblick wird einem klar, wie schnell 30 Jahre vergehen.

Lasst uns die Klischees in die Tonne treten
Großmütter in Jeans und Chucks, die im Park mit den Enkeln spielen, oder in Rockkonzerte gehen – heute eigentlich ein ganz normales Bild.
30-Jährige im klassischen Kostüm, mit eher konservativer Lebensplanung – auch das beobachte ich in meinem Umfeld.
Ich habe für mich die Lehre daraus gezogen, dass ich mich von Klischees und Vorstellungen verabschiedet habe.
Es gibt keinen typischen Kleidungsstil für die verschiedenen Altersgruppen, sondern nur unseren eigenen Stil. Ich trage prinzipiell nur noch Kleidung, die mir gefällt, egal, was andere darüber denken.
Die Haare könnten rot, schwarz, grau oder weiß, ganz lang oder ganz kurz sein. Es ist meine Entscheidung.
Wenn ich mir meine Altersgenossinnen anschaue: es gibt nicht die typischen 50-Jährigen und auch die anderen Altersgruppen sind keinesfalls homogen.
Wenn ich mir Frauen in den Fünfzigern in den sozialen Netzwerken anschaue, haben die durchaus Falten, graue Haare und geben gar nicht vor, jünger zu sein. Aber da steckt so viel Power drin. Sie sind beweglich, agil, fit im Kopf und Körper. So wie die 73-jährige Oma, die mit Enkelin und deren Sohn spontan mit nach Paris fährt. Einfach so. Die Geschichte ist von Yvonne Partes und hat mich wirklich beeindruckt.
Da kommen viele junge Frauen nicht mit.

Was wir aber auch mitnehmen müssen:
Wir habe noch viele Jahre vor uns, haben aber nur den einen Körper. Auch wenn es inzwischen einige „Ersatzteile“ für den menschlichen Körper gibt, werde ich alles tun und sorgsam mit ihm umgehen.
Es mag zum Teil an den Genen liegen, ob ich bestimmte Krankheiten bekommen oder verschont bleibe. Aber ich kann viel durch meine Lebensweise erreichen.
Und wenn ich höre, 50 ist das neue 30 bekomme ich fast Panik: meine 30er waren sehr stressig, ich war noch nicht gefestigt, habe versucht, es jedem recht zu machen, mich dem Business Dresscode gebeugt und hatte eigentlich ständig irgendwelche stressbedingten Wehwehchen. Und ich habe geraucht!
Und das beweist wieder:
Es sind nicht nur Jahreszahlen, die dich limitieren. Es sind Denkmuster, Verhaltensmuster oder auch einfach Verletzungen, die wir erlitten haben.
Claudia Münster: Von Frauen, die sich nicht limitieren lassen
Nein, ich will gar nicht mehr 30 sein. Ich habe meine Wechseljahre als Chance wahrgenommen und mein Leben an einigen Stellen korrigiert.
Wenn Du bei der Vorstellung, die Wechseljahre als Chance zu sehen, mit den Augen rollst, so kann ich das verstehen. Wenn Du aber etwas tun willst und selbst aktiv werden willst, kann ich Dir einen fantastischen Workshop (Online) empfehlen, den ich mit Hildegard Aman-Habacht und David Altmann erstellt habe. Schaue doch einfach mal rein: „Wechseljahre als Chance sehen„.
Was für ein schöner Artikel Heike ❤️ ich habe ihn aufgesogen auch wenn ich noch etwas über 7 Jahre bis zu meinem 50. habe… Man macht sich halt doch ab und an Gedanken 😉
Beruhigend irgendwie, auch zu wissen dass du nicht immer so muskulös warst wie jetzt. Dann gibt’s ja noch Hoffnung für mich 😅
Ganz liebe Grüße, Yvonne
Wow, liebe Heike, dein Artikel ist wirklich toll 😍. Du bist ein ganz wunderbares Beispiel dafür, wie viele Träume wir noch mit 50Plus verwirklichen können und dass alles möglich ist 🎁.
Und vielen lieben Dank, dass du meine Geschichte aufgegriffen hast 🤗😘.
Liebe Heike,
ich freue mich so sehr, dass Du mit mir feierst!
Ob 50 das neue 30 ist? Hhmm, mit 30 habe ich meine Kinder zur Welt gebracht. Es war eine schöne Zeit, aufregend und voller Liebe. Weißt Du, was ich heute wieder viel mehr genieße? Die Zweisamkeit mit meinem Mann. Die ist in den 30ern nämlich definitiv zu kurz gekommen. Und die Zeit zum Lesen und zum Schreiben 😉 Außerdem gibt es ja noch so viel zu entdecken auf dieser schönen Welt. Das geht mit 50 manchmal auch entspannter als mit 30.
Liebste Grüße, Gela
Super Artikel! Hab ich gleich in meinem verlinkt 🙂 LG Anne
Ich bin jetzt gerade 61 geworden und habe mich eigentlich jünger in Erinnerung. Zumindestens erschrecke ich dann mal, wenn ich mich im Spiegel anschaue 😉
Natürlich sind wir heute mit 50 oder 60 nicht mehr so alt und abgearbeitet, wie noch vor 50 Jahren. Wir haben halt auch keinen Krieg erleben müssen, keine Vertreibung, keinen Hunger und wuchsen weitaus freier auf.
Dennoch mag ich diesen Spruch „50 ist das neue 30“ und seine Varianten nicht so gerne hören. Denn dadurch ändert sich nix an der Akzeptanz von älteren Menschen. Manchmal möchte ich nämlich auch mal gerne altersgerech vergesslich und müde sein und Gelenkschmerzen haben dürfen.
LG
Sabiene
Liebe Heike,
boah ich habe deinen Artikel ausgesooogen ♥ Vielen lieben Dank ♥
Klar, mutmachend, liebevoll und selbstbestimmt. Klasse!
Weg mit den Klischees.
Ein wunderbarer, klarer Artikel, der so viele Aspekte des bewussten Älterwerdens aufzeigt, das sich auch so sehr von der Generation unserer Eltern unterscheidet. Danke, für das Mithineinnehmen in Deine Gedanken, das damit verbundene Sich-darin-wiederfinden und die Ermutigung, ganz zu sich zu stehen. Das ist doch eine der besten Errungenschaften unserer Zeit und unseres Alters! 😉
Bin weit weg von 50 bzw auch von 30 aber finde es trotzdem spannend, wie andere Leute zum Altern stehen und was die Gefühle sind. Ich hoffe natürlich, dass ich mich noch lange über meine Geburtstage freue und ihnen nicht davonlaufen will 🙂 Schöner Artikel! Lg Luisa von http://zungenspitzengefuehl.com/
Vielen Dank, liebe Heike, für diesen Denkanstoß!
Ich bin definitiv mit Ü50 besser dran als mit 30. Und ich will mich da auch gar nicht mit vergleichen… weder mit Jüngeren noch mit Gleichaltrigen. Lieber meinen eigenen Stil finden…
Was mir gut gefällt, ist der Ausdruck „gesundes Altern“ – ja, das möchte ich! Sorgsam mit mir umgehen – meine Beweglichkeit behalten (vielleicht sogar noch steigern) – körperlich und geistig.
Und auch eine vergnügliche Alters-WG könnte ich mir vorstellen 😉
Liebe Grüße
Andrea