Unbequeme Gedanken zu einem populären Thema
Intervallfasten oder intermittierendes Fasten (IF) ist populär wie nie. Ob man die 5:2 Variante (5 Tage essen, 2 Tage Fasten) oder den 16:8 Rhythmus: (16 Stunden Fasten, 8 Stunden essen) wählt – es scheint für viele Menschen einfacher zu sein, zeitweise gar nichts zu essen, als sich dauerhaft gesund zu ernähren.
Bei mir schrillen da bei einigen Kundinnen die Alarmglocken. Ja, obwohl ich fast ausschließlich Frauen ab der Lebensmitte berate. Kollegen und Mediziner machen gerade bei dieser Altersgruppe die gleiche Beobachtung, obwohl man schon sehr genau hinschauen muss. Im Gegensatz zu jungen Frauen sieht man die Essstörung lange nicht. Manchmal ist es ein schmaler Grat zwischen diszipliniertem Essen und einer Essstörung. Als ehemals Betroffene habe ich natürlich sehr feine Antennen für die Anzeichen, daher schicken Kollegen mir gerne solche Fälle.
Aber der Reihe nach….
Intervallfasten kann nützlich sein – für bestimmte Menschen, unter bestimmten Voraussetzungen.
Was versteht man denn überhaupt unter IF?
Intervallfasten gibt es in einigen Variationen. Was alle gemeinsam haben: man isst für eine festgelegte Zeit gar nichts oder keine feste Nahrung. Dann ist für eine festgelegte Zeit Essen jeder Art erlaubt. Intervallfasten verspricht die üblichen Benefits: Fettabbau, mehr Energie, bessere Gesundheit, verbesserte Insulinsensibilität, spirituelle Erleuchtung, längeres Leben und Muskelaufbau
Es werden immer Studien zum Beleg zitiert. Was dabei übersehen wird:
a) Die Studienresultate sind widersprüchlich
b) Viele der Studien wurden an Ratten und Mäusen durchgeführt
c) Wenn Intervallfasten für jemanden nicht geeignet ist, oder gar Fehler gemacht werden, kann man Schaden anrichten
Ich hatte in den letzten zwei Jahren Klienten, die durch Intervallfasten zugenommen haben. Schlimmer noch: sie haben verlernt, auf die Signale ihres Körpers zu hören und wissen gar nicht mehr genau, wie sich echter Hunger und echte Sättigung anfühlen.
Eine Kundin hatte zwar etwas Gewicht verloren, hatte aber keine Energie und keine Kraft um auch nur ein Basistraining zu absolvieren. Sie hat, obwohl sie nicht dick ist, einen hohen Körperfettanteil und sehr wenig Muskelmasse (Skinny Fat). Da ich ihre Ausgangswerte nicht kenne, kann ich nicht genau sagen, wie sich ihre Körperkomposition geändert hat. 5 (!) Jahre hatte sie immer 5 Tage gegessen und 2 Tage gefastet. Nachdem die schlimmsten Mangelerscheinungen ausgeglichen waren, bestand Ihr Arzt darauf, dass sie eine Ernährungsberatung macht. Sie ist jetzt auf einem guten Weg, allerdings bestanden hier schon die Zeichen einer ernsthaften Essstörung.
Andere Klienten, die es mit IF probiert haben, folgten überwiegend dem 16:8 Rhythmus: 16 Stunden Fasten, 8 Stunden essen. Ja, die Damen hatten zwar kurzfristig Gewicht verloren, aber anschließend wieder zugenommen. Mir selbst ging es bei meinen ersten IF Versuchen ähnlich: ja, ich hatte 16 Stunden gefastet, aber dann innerhalb der „Essphase“ einfach zu viel gegessen.
In der Regel lässt man das Frühstück ausfallen und isst zwischen 14 und 22 Uhr. Schlimmstenfalls alles, was einem in die Finger kommt. Das ist aber nicht Sinn der Sache. Das schlimme dabei? Morgens hat man keine Energie, oft schlecht geschlafen, weil das Verdauungssystem noch beschäftigt war, gegen Mittag bekommt man dann Hunger und isst so viel, dass man müde wird.
Daher ist es sehr wichtig:
Intervallfasten ersetzt keine gesunde Ernährung
Ich habe in meinen Blogartikeln immer wieder Studien zitiert, die Vorteile eines Frühstücks (eine Mahlzeit innerhalb der ersten 2 Stunden nach dem Aufstehen) belegen: man startet den Tag leistungsfähiger, und beugt Heißhungerattacken später am Tag vor. Das wurde an Frauen in der Lebensmitte untersucht. Mir ist vollkommen klar, dass man das nicht verallgemeinern kann.
Was mir dabei für die Intervallfaster wichtig ist: niemand sagt, dass wir morgens nichts essen sollen. Wenn ich IF ausprobieren will, aber glaube, dass ich unbedingt Frühstück brauche, esse ich halt ab 13 oder 14 Uhr nichts mehr. Der eigene Tagesablauf ich wichtiger als verallgemeinernde Regeln.
wo Intervallfasten keine gute idee ist
Die Befürworter von IF glauben, dass während der Fastenperiode überwiegend gespeichertes Fett zur Energiegewinnung benutzt wird und nicht gespeicherte Glukose. Aber unser Körper braucht erst mal die Vorräte auf, die als Glykogen in Leber und Muskeln gespeichert sind. Erst wenn diese Reserven aufgebraucht sind, geht es an die reine Fettverbrennung.
Da wird dann oft behauptet, dass der Körper in der Fastenphase in einer Ketose ist. Das wäre möglich, aber nur dann, wenn ich mich in den 8 Stunden extrem „Low Carb“ ernähre. Die Grenze liegt etwa bei 40 Gramm Kohlenhydraten. Bei einer ketogenen Diät dauert es auch mindestens 2 Tage, bis man in der Ketose ist. Um es nochmal zu bestätigen: es ist durchaus möglich, Intervallfasten mit einer ketogenen Diät zu kombinieren.
Aber dann kann man natürlich zu den Mahlzeiten nicht alles essen, wozu man Lust hat. Das ist bei einigen Menschen ein Knackpunkt: Intervallfasten ist verlockend, da ja alles erlaubt zu sein scheint. Man hat es sich durch das Fasten ja verdient. Fressattacken sind bei manchen Menschen gar nicht so selten und bei manchen Fastenplänen ausdrücklich erlaubt.
Wenn es dann dazu kommt, wird nicht unbedingt auf die Qualität oder den Vitamingehalt der Speisen geachtet. Ist ja erlaubt….Eine Kundin, die unter Binge Eating Disorder litt, erzählte mir:
Ich stehe dann total neben mir, habe die Uhr im Auge und wenn endlich, endlich das die Essenszeit beginnt, wird gegessen, was der Kühlschrank hergibt. Aber selbst wenn der Bauch dann unangenehm voll ist, stellt sich kein echtes Sättigungsgefühl ein. Ich esse dann weiter, so lange es die Zeit erlaubt…..
Vergessen wir nicht, dass viele übergewichtige Menschen genauso essen: kein Frühstück, kein Mittagessen und „All you can eat“ abends. Warum sollte jemand, der an seiner Gesundheit arbeitet, sich so ernähren wollen?
Das ist der größte Nachteil beim Intervallfasten: die vermeintlichen gesundheitlichen Benefits werden durch ungesundes Essverhalten immer wieder zunichte gemacht.
Training und Fasten – Geht das?
Die Befürworter von IF behaupten, dass beim Krafttraining (ja, wir sprechen hier von Bodybuildern) die Energie aus den Fettspeichern genutzt wird, da die Glukosespeicher ja leer sind. Man geht sogar so weit zu behaupten, dass man sogar Muskeln aufbauen kann, wenn man fastet.
Ein Kollege sagte mal ganz zynisch: wenn so etwas behauptet und in einem Buch beschrieben wird, gehen den Leuten eindeutig die Ideen aus und sie kommen mit „Mega Bullshit“ raus.
Aber gerade bei Menschen, die ernsthaft was für ihren Körper und ihre Fitness tun wollen, sollten sich die Fragen stellen: kann man wirklich während einer Fastenperiode so trainieren, dass man die körperliche Fitness verbessert? Kann man die Trainingsqualität aufrecht erhalten, wenn man keine Reserven mehr in Leber und Muskeln hat?
Wenn man innerhalb der Fastenperiode trainiert, dann mehrere Stunden mit der nächsten Mahlzeit wartet, ist es unwahrscheinlich, dass der Körper seine Reparaturarbeiten an den Muskeln leisten kann. Die Trainingseinheiten fallen schwächer aus und Muskulatur wird abgebaut. Wenn dann einige Stunden später geschlemmt wird, geht das in die Fettreserven.
Klar merken gerade Bodybuilder und Fitnessenthusiasten diese Schwächen. In der Szene gibt es viele sehr gute Abhandlungen zum Thema „Bodybuilding und IF“. Ich empfehle hier einen Artikel von Christian Thibaudeau: „Why Intermittent Fasting Fails Most People“
Ich gehe jetzt mal davon aus, dass Frauen in der Menopause nicht schwerpunktmäßig Muskulatur aufbauen wollen. Allerdings ist gerade eine gut entwickelte Muskulatur das Anti-Ageing Mittel und Stoffwechselbooster per se. Ja, es ist möglich, mit IF Muskulatur aufzubauen. Aber da probiere ich mit meinen Kundinnen aus, welcher Ansatz bzw. welche IF Form hier individuell Sinn macht. Manche Frauen können gut während der Fastenphase trainieren und dann die Reserven anschließend, während des Essfensters, wieder auffüllen. Bei anderen Frauen funktioniert das weniger gut, weil einfach die Energie zum Training fehlt.
IF als Risiko für Essstörungen?
Wenn man sich DSM-5 (Diagnostic and Statistic Manual for Mental Disorders, fifth edition) oder ICD-10 anschaut, erfüllt IF die Kriterien für 2 krankhafte Störungen: Bulimie und Binge Eating Disorder.
Wenn die Betroffene eine Veranlagung dazu hat oder gar in jüngeren Jahren schon eine Essstörung hatte. Das ist ähnlich, wie bei Alkoholikern: ein Durchschnittmensch kann mit Alkohol umgehen, jemand der Alkoholiker ist (auch trockener Alkoholiker) kann schon durch eine Weinbrandbohne einen Rückfall erleiden. Bei einer Essstörung wird ein Rückfall zwar normalerweise nicht so schnell getriggert. Aber wenn andere Faktoren dazukommen (die Wechseljahre!), sollte man das nicht unterschätzen.
Laut DSM-5 sind dies 2 Kriterien der Bulimie:
Verzehr einer großen Nahrungsmenge in einem bestimmten Zeitraum (z. B. 2 Stunden), die erheblich größer ist als die Menge, die die meisten Menschen unter vergleichbaren Bedingungen essen würden
Wiederholte Anwendung von unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen, um einer Gewichtszunahme entgegenzusteuern (z. B. Fasten, exzessive Bewegung)
Hört sich extrem an und ist es auch. Und entspricht jetzt auch nicht einem gesunden IF Ansatz. Aber die Grenze zu einer Essstörung ist schnell überschritten.
Klar, Du könntest nun sagen, das ist nun mal unsere Kultur: wir essen zu viel auf einmal, weil es gut schmeckt, wir ausgehungert sind, uns die Welt schlecht behandelt oder wir einfach nur müde sind. Da wir nicht zunehmen wollen, wird zum Ausgleich gehungert und gefastet. Problem solved.
Aber wenn das immer wieder passiert, verselbstständigt sich das Verhalten.
Kollegen haben sogar beobachtet, dass Binge Eater Intervallfasten als „Ausrede“ für ihre Störung benutzen.
Ähnlich wie Rohkostveganer manchmal (nicht immer) unter Magersucht leiden und sich selbst ihre Essstörung nicht eingestehen. Bevor jetzt ein Schrei der Entrüstung kommt: ich weiß, wovon ich spreche. Und die Ausreden und Erklärungen kenne ich fast alle. Meine eigene Essstörung war letztendlich die Motivation, Ernährungswissenschaften zu studieren.
Wie kommt man aus der Falle wieder raus?
Dieser Absatz richtet sich an Frauen, die das Gefühl haben, in der Falle zu sitzen. Auf dem Weg in eine Essstörung.
Das Beitragsbild beschreibt, nach meiner Erfahrung, das Gefühl, dass man hat: die Welt steht langsam auf dem Kopf, man findet keinen Halt mehr. Zu Beginn fühlt es sich richtig gut an: man hat sich selbst und seinen Körper unter Kontrolle.
Die Zunahme von „erwachsenen Essstörungen“ ist vermutlich höher, als wir glauben. Welche Frau gibt schon gerne zu, dass sie ein Problem mit dem Essen hat? Einer meiner Freunde ist Arzt und die älteste Patientin mit einer Bullimie war 78! Sie starb an einer Elektrolytentgleisung….
Je nachdem, wie lange und wie intensiv man Intervallfasten praktiziert hat und wie extrem die Essattacken sind, rate ich, mit kleinen Schritten anzufangen.
Auch wenn man morgens glaubt, nichts essen zu können (man hat ja abends reichlich zugeschlagen) ist ein kleines Frühstück der erste Schritt. Dadurch bleiben spätere Hungerattacken aus oder sind kontrollierbar.
Wenn dieser Schritt furchteinflößend ist, sollte man sich fremde Hilfe holen. Es ist keine Schande, sondern eher vernünftig und sinnvoll, diesen Weg mit Begleitung zu gehen.
Ihr Lieben, glaubt es mir: es fühlt sich gut an, hochwertige Nahrung regelmäßig zu essen und damit seinem Körper die Energie für gesunde Bewegung zu geben.
Und hochwertige Nahrung heißt ja keineswegs, auf alles Leckere zu verzichten. Ganz im Gegenteil. Wenn die Qualität der Nahrung stimmt und der Körper alles bekommt, was er braucht, ist ein Hamburger oft gar nicht mal verlockend. Am besten sind Lebensmittel aus der Region, in der Saison, am besten noch von einem Bauern, den man kennt. Oder ein Stück wirklich gute Schokolade!
Genau das will ich auch meinen Kundinnen in allen meinen Programmen vermitteln. Keine Diät, kein Stress und kein Frustessen – sondern Essen mit Genuss.
Wenn Du auf diesem Gebiet Hilfe brauchst oder wenn Du einfach nur herausfinden willst, ob IF für Dich ist, lade ich Dich herzlich zu einem unverbindlichen Erstgespräch ein.
Liebe Heike,
ein sehr fundierter und authentischer Artikel. Die Artikel sind einleuchtend und ich verstehe sehr gut, was Du meinst. Ich habe manchmal das Gefühl, dass durch diese ganzen Programme, Diäten, Regeln nicht der Einstieg in ein gesundes Ess- und Bewegungsverhalten gelernt werden soll, sondern dass empfängliche Menschen abhängig gemacht werden sollen – von was auch immer. Und wenn es nur die Abhängigkeit von einem Programm ist („Ich kann ohne die Diät XY gar nicht mehr abnehmen.“). Das Gefühl für den eigenen Körper haben viele von uns schon vor langer Zeit verloren und es ist gar nicht so einfach, sich das zurück zu „erkämpfen“, denn es ist von Zeit zu Zeit mühsam, auf seinen Körper zu hören. Denn man stößt manchmal an Leistungsgrenzen, wenn sie einem so gar nicht in den Kram passen. Aber das ist ein anderes Thema…
Danke für Dein Know-How!!
Liebe Grüße, Silke
Sehr geehrte Frau Dr. Franz,
während ich Ihren Artikel lese, rollen mir dicke Tränen die Wangen herunter. Ich habe mich im letzten Jahr so weit ins IF hereingesteigert, dass ich bei einem 23:1-Ablauf angekommen bin, teils nicht mal dann was gegessen habe, und wenn ich gegessen habe, dann nur sehr kleine Portionen. Trotzdem habe ich kein Gramm abgenommen. Ich bin Lipödem-Patientin, beschäftige mich seit Jahren mit Body Positivity, hatte dem ganzen Diät-Wahn schon völlig abgeschworen und bin trotzdem so heftig in die Falle getappt wie noch nie zuvor. Ich bin zwar noch relativ jung, somit nicht ganz Ihre Zielgruppe, wollte Sie aber dennoch wissen lassen, dass mir wissenschaftlich fundierte Artikel wie dieser dabei helfen, mein Verhalten einzusortieren und wieder ein gesundes Verhältnis zum Essen aufzubauen. Das ist mir bisher (trotz Ernährungsberatung) nämlich nur teilweise gelungen. Vielen Dank und freundliche Grüße.
Liebe Tina, das freut mich sehr, dass ich Ihnen mit meinen Artikeln helfen kann. Auch wenn Sie jünger als meine Zielgruppe sind, bin ich davon überzeugt, dass eigentlich alle Frauen wissen sollten, wie der Körper auf eine gute Ernährung, aber auch auf Diäten reagiert. Ein Lipödem ist natürlich eine ganz besondere Herausforderung und ich hatte schon einige Kundinnen, die darunter litten. Im Augenblick versuche ich, einen plastischen Chirurgen als Interviewpartner zu gewinnen und das Thema Lipödem steht auf der Liste.
Alles Gute für Sie und genießen Sie Ihr Essen. 23 Stunden Hungern hört sich für mich eher nach großem Stress an…
Hallo, mein Name ist Corinna und ich bin 43 Jahre alt. Mir war garnicht bewusst das IF so schädlich sein kann, man liest ja auch überall nur wie gesund es sein soll. Ich habe in jungen Jahren schon unter Bulimie gelitten und tue es jetzt auch schon seit ein paar Jahren wieder. Seit es wieder angefangen hat , betreibe ich intensiv Krafttraining und Ausdauer Training. Dadurch bin ich auf das IF aufmerksam geworden , was ich jetzt seit drei Jahren mache . Ja und mehrmals im Monat oder auch in der Woche habe ich diese „ fress Anfälle „ . Dieser Schritt morgens wieder eine Mahlzeit zu mir zu nehmen ist für mich fast schon unmöglich geworden . Es ist ein täglicher Kampf gegen mich selbst und ja , man lebt nur noch nach der Uhr . Ich koche immer frisch und ernähre mich sehr bewusst und trotzdem kommt es immer wieder.
Das was sie geschrieben haben , hat mich zum nachdenken gebracht , das IF doch nicht so gesund ist und das es für den Körper wichtig ist auch zu Frühstücken, gesund zu frühstücken. Mein Leben wird schon sehr bestimmt von Essenszeiten und hunger Phasen.
Ich weiß nicht ob ich es irgendwann schaffe diesen Teufelskreis zu durchbrechen aber ich finde es gut und wichtig das dieses Thema IF nicht nur schön geredet wird .
Dankeschön
ENDLICH! Ich bin so dankbar, dass dieses Thema mal aufgegriffen wird! Überall wird man immer nur bombardiert mit der Aussage, dass IF und Fasten allgemein soooo gesund ist und alles und jeden heilt. Nirgends wird gewarnt. Auch bei den NDR-Ernährungsdocs … MACHEN SIE IF!
Ich hatte eine schwere Essstörung im Jugendalter. Überwunden auch und gerade weil ich mich eben ganz ganz strickt an regelmäßiges über den Tag verteiltes Essen hielt. 10 Jahre kein Binge Eating, Bulimie. Dann kam IF auf und alle Welt um mich herum / TV, Internet, Freunde, Arbeitskollegen….alle „Du MUST IF machen für XY“.
Ich fing damit an….. unterschiedliche Arten 18:4… oder OMAD. Nach 2 Wochen die erste Fressattacke…noch mit vielen Ausreden…Ausrutscher etc. Aber es wurde immer schlimmer…ganz schlimm. Fazit: Ich mache immer noch OMAD….aber jeden abend Binge eating mit erbrechen und…manchmal mehrere Tage lang bingen bis zu extremen Magenschmerzen. Jeder mit Bulimievergangenheit weiss, wie weh es tut zu wissen, dass man 10 Jahre FREI war und alles verloren hat – und jetzt keinen Ausweg mehr findet.
Liebe Nadja,
ich kann Deine Geschichte so gut nachvollziehen und glaube mir, Du bist nicht allein. Leider erlebe ich das recht oft, dass aus einer Ernährungsform fast eine Religion gemacht wird. Wenn man nicht dran glaubt…na ja, Du hast es ja selbst erlebt. Falls Du das nicht schon getan hast: bitte suche Dir Hilfe. Ich weiß, wie belastend eine Essstörung sein kann und würde auch selbst nicht behaupten, komplett geheilt zu sein. Bei Krisen kann es jederzeit wiederkommen, aber man bekommt es auch wieder in den Griff. Ich habe mich arrangiert und sehe die Essstörung als einen treuen, langjährigen Freund. Den ich zwar nicht besonders mag, der aber in meinem Leben immer eine Rolle spielen wird. Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute (und hoffe, es ist ok, wenn ich Dich hier geduzt habe)